Tarifflucht: 130.000.000.000 Euro Verlust für die Allgemeinheit!

Kannst du sie lesen, diese Zahl? Wir mussten erstmal nachschauen, wie viele Nullen 130 Milliarden haben 😉 So hoch sind die Kosten, die der Allgemeinheit durch praktiziertes Lohndumping vieler Arbeitgeber entstehen. Das „beliebteste“ Instrument ist nach wie vor die Flucht aus dem Tarifvertrag. Dahinter steckt die ebenso schlichte wie kurzfristige Denke: Je geringer die Kosten, desto größer die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens und umso höher der Gewinn.

Denn Beschäftigte mit Tarifvertrag genießen viele Vorteile: im Durchschnitt 12 Prozent mehr Einkommen als tariflose Beschäftigte, (mehr) Urlaubs- und Weihnachtsgeld, bessere Regelungen bei Überstunden und bei der betrieblichen Altersvorsorge.

 

Milliardenverlust durch Lohndumping
Die Allgemeinheit kommt die Tarifflucht teuer zu stehen. So nimmt der Staat deutlich weniger Einkommensteuer ein. Der DGB hat in seiner neuesten Tarifflucht-Bilanz einen Verlustbetrag von 27 Milliarden Euro errechnet.
Noch größer ist die Lücke, die die Tarifflucht in die Kassen der Sozialversicherung reißt: Der Einnahmeverlust des Staates bei den Sozialversicherungsbeiträgen beträgt 43 Milliarden Euro.
Auch auf die Kaufkraft wirkt sich die Tarifflucht negativ aus: Den Beschäftigten entgehen laut DGB 60 Milliarden Euro. Geld, das sie nicht bekommen und somit auch nicht ausgeben können – zum Nachteil insbesondere des Handels.
In Summe heißt das: Durch das mit der Tarifflucht verbundene Lohndumping ergibt sich für die Allgemeinheit ein Verlust von 130 Milliarden Euro – oder ausgeschrieben eben 130.000.000.000 Euro!

Tarifbindung auf Talfahrt
Die Entwicklung ist nicht neu: Die Tarifbindung ist seit Jahrzehnten rückläufig. Vergangenes Jahr arbeiteten hierzulande nur noch 41 % der Beschäftigten in einem Betrieb mit Branchentarifvertrag. Mitte der 90er Jahre waren es noch rund zwei Drittel. Nach wie vor gibt es ein deutliches West-Ost-Gefälle: Profitierten von einer Branchentarifbindung 43 % der Beschäftigten in den alten Bundesländern, waren es in den neuen Bundesländern nur 33 %. In Ostdeutschland haben sich die Zahlen die letzten zwei Jahre immerhin stabilisiert, während sich die Kurve im Westen weiterhin auf Talfahrt befindet.

Die Politik ist gefordert
Die Bundesregierung hat die dramatischen Auswirkungen der Tarifflucht für die Allgemeinheit erkannt: Arbeitgeber, die nicht nach Tarif bezahlen, sollen künftig keine öffentlichen Aufträge vom Bund mehr bekommen. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) arbeitet derzeit an einem entsprechenden Tariftreuegesetz. Im Koalitionsvertrag haben sich die Ampel-Fraktionen zudem darauf verständigt, dass Betriebsausgliederungen unter Beibehaltung desselben Eigentümers mit dem Ziel Tarifflucht ein Riegel vorgeschoben werden soll.
Das sind Forderungen, die der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) schon lange erhebt. Ganz aktuell hat er eine neue Kampagne ins Leben gerufen, um die Tarifbindung zu stärken. Weitere Infos hier.

Trendwende in Sicht dank Fachkräftemangel?
Experten sind sich einig: Gute Arbeitsbedingungen und angemessenes Entgelt werden zunehmend zu einem wichtigen Wettbewerbsfaktor im Kampf um die ohnehin schon knappen Fachkräfte. Arbeitnehmer*innen können künftig noch stärker selbst auswählen, wo sie beschäftigt sein möchten. Tarifverträge und betriebliche Mitbestimmungsmöglichkeiten sind dabei ein klarer Wettbewerbsvorteil.
Auf den Punkt gebracht: Betriebe mit Betriebsrat und Tarifvertrag werden im Wettlauf um die immer knapper werdenden Fachkräfte die Nase vorn haben!

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