Steigende Infektionszahlen: Kann ich mich telefonisch krankschreiben lassen?

Erkältung, Corona, Grippe: Seit Beginn der kühlen Jahreszeit steigen die Infektionszahlen wieder rasant an. Die Krankenstände bewegen sich schon das ganze Jahr auf Rekordniveau, Hausarztpraxen sind überfüllt.

Können sich in dieser Situation Beschäftigte bei leichten Atemwegsinfekten eigentlich wieder telefonisch krankschreiben lassen, wie das während der Corona-Pandemie möglich war?
Die Antwort lautet: Derzeit (noch) nicht. Die Regelung aus der Corona-Pandemie ist am 31. März dieses Jahres ausgelaufen. Doch der Bundestag hat im Sommer auf Initiative von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) beschlossen, dass telefonische Krankschreibungen unter gewissen Voraussetzungen auch künftig wieder möglich sein sollen. Jetzt ist der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) am Zuge, in dem Krankenkassen, die kassenärztlichen Vereinigung und die Deutsche Krankenhausgesellschaft vertreten sind. Das Gremium sollte ursprünglich bis zum 31. Januar 2024 die Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie (AU-RL) dahingehend überarbeiten. Aufgrund der hohen Zahl an Atemwegserkrankungen wurde jedoch eine Sitzung bereits für kommende Woche Donnerstag anberaumt. Es ist möglich, dass die telefonische Krankschreibung noch in diesem Jahr und dann dauerhaft eingeführt wird. 

Bis die telefonische Krankschreibung wieder erlaubt ist, bleiben kranken Beschäftigten zwei Möglichkeiten, um eine Krankmeldung für den Arbeitgeber zu erhalten: Ganz klassisch die Arztpraxis aufsuchen oder einen Termin in einer Videosprechstunde wahrnehmen, sofern die Arztpraxis dieses Angebot macht. Die Krankschreibung per Video ist an gewisse Voraussetzungen geknüpft:

  • Eine körperliche ärztliche Untersuchung ist nicht erforderlich.
  • Wenn die/der Patient*in der Arztpraxis bekannt ist, ist eine Krankschreibung von maximal sieben Kalendertagen möglich, anderenfalls nur drei Tage.
  • Eine Folgekrankschreibung per Video geht nur, wenn die vorherige Krankschreibung das Ergebnis einer persönlichen Untersuchung war.

Wann muss die Erkrankung dem Arbeitgeber gemeldet werden?
Die Krankmeldung muss beim Arbeitgeber unverzüglich – am besten vor dem regulären Arbeitsbeginn – erfolgen (Anzeigepflicht, § 5 Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG)). Ab dem vierten Tag der Erkrankung ist ein ärztliches Attest, der „gelbe Schein“, vorzulegen (Nachweispflicht, § 5 EntgFG). Die Übermittlung an den Arbeitgeber erfolgt mittlerweile in den meisten Praxen elektronisch, sodass der Arbeitgeber die Krankmeldung nur noch herunterladen muss.

Muss der Betriebsrat bei Krankmeldungen beteiligt werden?
Sollte der Arbeitgeber die frühere Vorlage der Krankmeldung für mehr als etwa 2 % der Beschäftigten (LAG Berlin-Brandenburg, 12 TaBV 74/21 vom 03.12.2021) oder grundsätzlich für alle Arbeitnehmer*innen verlangen, so kann er das nicht im Rahmen seines Direktionsrechts tun, sondern muss laut Bundesarbeitsgericht (BAG) den Betriebsrat beteiligen (1 ABR 3/99 vom 25.01.2000).

Außerdem kann der Betriebsrat mit dem Arbeitgeber nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG eine Betriebsvereinbarung abschließen, bis wann, bei wem und in welcher Form sich erkrankte Beschäftigte abmelden müssen. Das sorgt für die nötige Klarheit und schützt kranke Arbeitnehmer*innen vor Missverständnissen, die im schlimmsten Fall eine fristlose Kündigung nach sich ziehen können.

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