Aus dem Home-Office zurück ins Büro: Welche Rechte hat der Betriebsrat?

Knapp ein Viertel aller Erwerbstätigen in Deutschland arbeitete im vergangenen Jahr im Home-Office. Das ist immer noch fast doppelt so viel wie vor der Corona-Pandemie. Viele Beschäftigte haben sich an das Arbeiten von zu Hause aus gewöhnt und wollen nicht mehr zurück ins Büro – viele Arbeitgeber hingegen wollen ihre Beschäftigten wieder zurück ins Büro holen.

Laut einer Studie des Digitalverbands Bitkom haben 45 % der befragten Unternehmen vor, die Maßnahmen teilweise zurückzunehmen und eine zumindest tageweise Präsenzpflicht einzuführen. 27 % möchten künftig sogar gar kein Home-Office mehr ermöglichen.

Hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht, wenn der Arbeitgeber Beschäftigte im Home-Office ganz oder tageweise ins Büro zurückholen möchte,
z. B. nach § 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG? Und ist die Rückkehr aus dem Home-Office eine zustimmungspflichtige Versetzung?

Im Zuge des Betriebsrätemodernisierungsgesetzes wurde im Juni 2021 ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der „Ausgestaltung mobiler Arbeit“ neu mit ins Gesetz aufgenommen (§ 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG). Darunter fällt auch die Arbeit im Home-Office. Mitbestimmungspflichtig ist aber (wie immer im § 87 BetrVG) nicht das „Ob“ (also ob mobil gearbeitet werden darf oder ob im Betrieb gearbeitet werden muss), sondern das „Wie“ (also unter welchen Bedingungen mobile Arbeit geleistet wird).

Eine Frage des „Wie“ und damit der Ausgestaltung kann auch die Frage sein, in welchem zeitlichen Umfang mobile Arbeit geleistet wird, also an fünf Tagen in der Woche oder z. B. nur an drei von fünf Wochentagen.

So heißt es in der Begründung der Gesetzesinitiative der Bundesregierung zur Reichweite des § 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG:

„Das Mitbestimmungsrecht betrifft die inhaltliche Ausgestaltung der mobilen Arbeit. Dazu gehören zum Beispiel Regelungen über den zeitlichen Umfang mobiler Arbeit, über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit in Bezug auf mobile Arbeit oder über den Ort, von welchem aus mobil gearbeitet werden kann und darf. […]“

Ob der Betriebsrat bei dieser Frage tatsächlich mitbestimmen kann, ist derzeit allerdings strittig: Bislang gibt es hierzu noch keinerlei Rechtsprechung. Einigkeit besteht hingegen, dass die vollständige Abschaffung der mobilen Arbeit mitbestimmungsfrei ist. Hier kann der Arbeitgeber allein entscheiden.

Keine optimalen Voraussetzungen für Verhandlungen des Betriebsrats mit dem Arbeitgeber über „Return-to-Office“-Regelungen! Es sei denn, im Betrieb sind gar nicht mehr genug Arbeitsplätze für alle Beschäftigten vorhanden. Und in Zeiten des allgemeinen Fachkräftemangels können attraktive Home-Office-Regelungen für mehr Mitarbeiterzufriedenheit sorgen und ein echter Wettbewerbsvorteil bei der Gewinnung neuer Mitarbeiter*innen sein.

Rückkehr ins Büro = Versetzung?
Eine zustimmungspflichtige Versetzung liegt nach § 99 BetrVG i. V. m. § 95 Abs. 3 BetrVG dann vor, wenn die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs (räumlich und funktional)

  • die Dauer von voraussichtlich einem Monat überschreitet

oder

  • mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit zu leisten ist.


Herrschende Meinung in der juristischen Fachliteratur war bisher, dass die dauerhafte Rückkehr aus dem Home-Office diese Kriterien erfüllt und somit eine zustimmungspflichtige Versetzung ist.

Dies hat das Bundesarbeitsgericht im Oktober 2021 in einer Grundsatzentscheidung (BAG, Beschluss vom 20.10.2021 – 7 ABR 34/20) auch bestätigt, weil sich durch die Anweisung, die Arbeitsleistung künftig wieder ausschließlich im Büro zu erbringen „das gesamte Bild der Tätigkeit aus der Sicht eines betrieblichen Betrachters verändert.“

Kann der Betriebsrat also die Zustimmung zu einer solchen Versetzung nach § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG mit Verweis auf Nachteile für die betroffenen Arbeitnehmer*innen, verweigern?
Hier stellt das BAG klar, dass der BR die Zustimmung nicht mit Verweis auf die typischen Nachteile wie z. B. Schwierigkeiten bei der Kinderbetreuung oder langer Anfahrtsweg und hohe Fahrtkosten verweigern kann, wenn die unternehmerische Entscheidung für die Rückkehr-Anweisung „auf sachlich nachvollziehbaren, plausiblen Gründen beruht.“

Nur wenn die unternehmerische Entscheidung willkürlich erscheint oder weder Hand noch Fuß hat (z. B. weil es gar nicht mehr genügend Büroarbeitsplätze gibt) oder einzelnen Beschäftigten besonders extreme, unzumutbare Nachteile drohen, kommt ein Zustimmungsverweigerungsrecht nach § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG in Frage.

Das ganze BAG-Urteil zum Nachlesen gibt´s hier...
 

Zurück